Lage in Guatemala
Zur Zeit (2019) leben dort 16,2 Millionen Menschen . 40 % sind Indigene . 60 % der Bevölkerung sind arm , bei den Indigenen sind es 80 % .
Knapp die Hälfte der Bevölkerung ist unter 18 Jahre .
Es herrscht weithin ein patriarchalischer Machismo : Männer fühlen sich überlegen . Diese Denkweise begünstigt sexuellen Missbrauch . Zwischen dem 1. Januar und dem 15. April 2019 gab es 1709 Anzeigen wegen dieses Delikts . 90 % der Fälle ereigneten sich in der eigenen Familie , wo Kinder und Jugendliche doch eigentlich beschützt sein müssten . Die Folgen von sexuellem Missbrauch sind schwerwiegend : In den ersten beiden Monaten 2019 wurden 357 Schwangerschaften bei Mädchen unter 14 Jahren registriert – Folge von Vergewaltigungen . Täglich werden 2 Mädchen zwischen 10 und 13 Jahren Mütter .
Das Refugio de la Ninez bietet Schutz und Hilfe auf medizinischem , psychologischem und juristischem Gebiet .
Drei Schicksale junger Menschen machen deutlich , was sich hinter diesen Angaben verbirgt . Die Namen wurden geändert .
Teresa (15)
Teresa ist nie zur Schule gegangen . Sie musste für den Vater und den älteren Bruder den Haushalt machen – die Mutter war bettlägerig . Eines Tages berührte sie ihr Bruder (damals 14) unsittlich , aber die Mutter konnte ihr nicht helfen : sie starb wenige Tage danach .
Teresa war damals 5 Jahre alt , als ihr Bruder sie vergewaltigte . Immer , wenn der Vater auf dem Feld arbeitete , missbrauchte ihr Bruder sie , 8 Jahre lang . Mit 13 Jahren wurde Teresa schwanger . Sie erhielt keine medizinische Hilfe . Ihr Baby wurde mit gesundheitlicher Beeinträchtigung geboren (Mikroenzephalitis) . Das Refugio de la Ninez hat Teresa und das Baby aufgenommen und die Krankheiten behandelt . Im Programm wurde sie aufgefangen , lernt Lesen und Schreiben und macht eine Lehre . Für sie und ihr Baby wird eine Ersatzfamilie gesucht .
Leticia (13)
Leticia lebte in der Nähe von Coban , etwa 300 Kilometer von Guatemala City entfernt . Es gibt keine Verkehrsmittel , die nächste Bushaltestelle ist 2 Stunden Fußmarsch entfernt . Es gibt eine Möglichkeit , mit einem Boot zu fahren , aber der Preis von etwa 50.- Dollar ist für fast alle Familien unerschwinglich . Fast alle Bewohner des Dorfes sind extrem arm . Sie haben keinen Zugang zu Trinkwasser und Strom . Eine Schule gibt es nur in einer Nachbargemeinde . Leticias Familie besteht aus ihrem Vater , der in der Landwirtschaft arbeitet , ihrer Mutter , die Hausfrau ist , und ihren 5 jüngeren Brüdern . Wegen der finanziellen Notlage verließ Leticia mit 12 Jahren die Schule und beschloss zu arbeiten , um die Familie mit zu ernähren , obwohl sie dafür nicht alt und stark genug war.
Leticia verließ ihr Dorf , um in einer Nachbargemeinde bei einer Frau zu arbeiten und ihr vier Monate altes Baby zu hüten . Dafür bekam sie 5o.- Dollar im Monat . Auch übernahm sie dafür Reinigungsarbeiten im Haus .
Einmal im Monat besuchte sie ihre Familie . Der Weg dorthin dauerte 3 Stunden und ging durch eine einsame Gegend . Eines Tages sah sie in einer verlassenen Hütte einen unbekannten Mann , der ihr im Vorbeigehen obszöne Worte zurief . Sie ignorierte dies und ging weiter . Als sie am Nachmittag wieder zurückging , war der Mann immer noch da , und plötzlich zerrte er sie in ein Gebüsch und vergewaltigte sie . Wegen der Einsamkeit der Straße hörte niemand ihre Hilferufe . Der Mann sagte ihr , sie solle niemandem etwas davon erzählen . Wenn sie es täte , würde er es wieder tun . Mühsam schleppte sich Leticia zu ihrer Arbeitsstelle , um am nächsten Tag ihre Arbeit fortzusetzen .
Nach einem Monat fühlte sie sich krank . Ihr Magen schmerzte , ihr war übel , aber sie wusste nicht , was vorging . Nach einigen Monaten hatte sich ihr Körper völlig verändert. Ihr Bauch wuchs , aber sie verstand nicht , dass sie schwanger war . Eines Tages ging es ihr sehr schlecht , hatte starke Schmerzen . Die Frau , bei der sie arbeitete , beschloss sie in eine Gesundheitsstation zu bringen . Weil dort kein Personal war , brachte sie Leticia in das Bezirkskrankenhaus , wo sie stationär bleiben musste . Die behandelnden Ärzte sagten , sie habe eine Fehlgeburt gehabt . Wegen ihres Alters und ihrer kulturellen Lage verstand Leticia nicht , was ihr passiert war . Die Ärzte sorgten dafür , dass sie wegen ihres prekären Zustandes ins Refugio de la Ninez kam , wo sie endlich mit allem Nötigen versorgt wurde und ihre traumatische Situation mit psychologischer Hilfe bewältigen konnte . Schließlich gelang es , sie nach langen Monaten wieder mit ihrer Familie zu vereinigen .
Gladys (13)
Gladys stammt aus einem Dorf in der Nähe von Chajul , 2 Stunden Fußweg von dieser Gemeinde entfernt , in der die Straße endet . Die Familie von Gladys hat nur sehr bescheidene Mittel zur Verfügung . Ihre Mutter muss sie und zwei jüngere Brüder allein versorgen . Der Vater starb , als Gladys vier war .
Dann erkrankte die Mutter so schwer , dass sie arbeitsunfähig wurde und die drei Kinder nicht mehr ernähren konnte . Ein Bekannter schlug Gladys vor , in die Hauptstadt zu gehen und nach Arbeit zu suchen . Jemand bot ihr einen Job an . Gladys sagte erfreut zu , obwohl sie zu einer 200 KM entfernten Gemeinde reisen musste . Aber dort gebe es einen Platz zum Leben und Arbeit . Als sie an ihrer Arbeitsstelle ankam , sah Gladys , dass Männer dasaßen und Alkohol tranken , begleitet von Frauen . Gladys war überrascht , aber der Geschäftsinhaber sagte ihr , dass sie die Räume des Hauses reinigen sollte . Gladys kannte niemanden , aber sie hatte keine Wahl als zu bleiben . Die Nacht verbrachte sie mit anderen Frauen im Haus , und am nächsten Tag begann sie ihre Arbeit . Sie begriff , dass die Frauen Prostituierte waren und sie die Aufgabe hatte , die Räume zu reinigen , in denen die Frauen ihre Kunden bedienten . Oft begegnete sie betrunkenen Männern , die anzügliche Bemerkungen machten .
Am fünften Tag sagte einer der Freier dem Bordellbesitzer , dass er Sex mit Gladys haben wolle . Sie haben sie dazu gezwungen . Danach musste sie mit zwei weiteren Männern Sex haben . Gladys weinte viel , und um sie zum Schweigen zu bringen , gab ihr der Bordellbesitzer 15,- Dollar für die Vergewaltigung durch drei Männer . Am nächsten Tag ging es so weiter , bis sie nach einer Woche bei einer Razzia aus dieser schlimmen Lage gerettet wurde .
Im Refugio de la Ninez hat sie sich , mit allem versorgt , von ihren schlimmen Erlebnissen erholt . Als sie dort ankam , konnte sie nicht lesen und schreiben , aber jetzt
geht sie zur Schule .
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Der Vulkanausbruch in Guatemala Anfang Juni 2018. Ein Brief von Carolina Escobar von La Alianza
Liebe Britt-Mari und alle anderen der Kinderhilfe Casa Alianza,
Guatemala steht einer neuen Tragödie gegenüber, welche bis zu diesem Zeitpunkt mehr als 2 Millionen Menschen betrifft. Mehr als 2,000 bleiben vermisst, mehr als 100 Menschen sind gestorben oder haben Verbrennungen erlitten (die Zahl steigt jede Minute) und es wurden weite Teile der Gegend verwüstet. Das findet uns inmitten eine politische Krise. Der Präsident sagte uns gestern, dass unser Finanzhaushalt es nicht zulässt, auch nur einen Cent für die Not der Menschen auszugeben.
Trotzdem ist es herrlich und wunderbar die Solidarität der Menschen zu sehen. Den Angestellten von La Alianza und ihren Familien geht es gut. Zwei Mädchen haben Familie in den betroffenen Gebieten und bisher haben wir trotz einiger Anrufe noch keine Nachricht über ihren Verbleib erhalten. Andererseits konnte im vergangenen Jahr auf Grund des Brandes in “Hogar Seguro Virgen de la Asunción“, dazu beigetragen werden, Rettungsmannschaften zu mehr Aufmerksamkeit auszubilden, um eine bessere Versorgung leisten zu können. Heute sind die verschiedensten Fachkräfte vor Ort und helfen im Leichenschauhaus, richten Aufnahmelager ein und unterstützen die Gemeinden und Krankenhäuser. Das Land ist mit vollem Einsatz dabei wo es nur geht, zu helfen. Hoffen wir, dass die Neuigkeit über diese Begeisterung anhält, denn das ist es, was wir zurzeit am nötigsten brauchen.
Mittlerweile, haben wir in La Alianza mit Gruppen der betroffenen Mädchen gearbeitet, um ihnen das Geschehene bewusst zu machen und um sie wegen ihrer Familien, die aus den Gebieten stammen, zu beruhigen. Im Anhang befinden sich einige Fotos der Tragödie und ein paar Fotos von Mädchen, die mit Erziehern und Psychologen daran arbeiten, die Situation besser zu verstehen, und zwar mit mehr Verständnis und weniger Angstgefühl.
WIR GEBEN UNS NICHT GESCHLAGEN UND STEHEN WIEDER AUF.
Danke für eure Anteilnahme und Solidarität. Wir haben euch gern.
Eine Umarmung aus der Ferne
Carolina
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Die Lage in den Einrichtungen in Guatemala ist unverändert und bedarf weiterer Unterstützung. Nach dem schlimmen Brand im März 2017, bei dem 41 Jugendliche ums Leben gekommen waren, ist das staatliche Heim „Hogar Seguro Virgen de la Asuncion“ geschlossen worden. Das Refugio de la Ninez hat rund 50 Jugendliche mit schweren körperlichen und seelischen Verletzungen aufgenommen. Dafür mussten Platz und Kapazitäten beschafft werden. Dank Ihrer/Eurer Spenden konnte Casa Alianza Kinderhilfe Guatemala die erforderlichen zusätzlichen Mittel schnell zur Verfügung stellen. Weitere Information auf unserer Homepage: casa-alianza.de
Wir hoffen auch auf zukünftige Unterstützung und bedanken uns sehr herzlich bei Euch/Ihnen!
Wolfgang Claus, Franz Hucklenbruch, Rita Kortmann, Sabrina Stang, Britt-Mari Walkembach
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Feuer im staatlichen Kinderheim - Zusatzspende von „aktion weltkinderhilfe“
Am 8. März 2017 hat im staatlichen „Hogar Seguro Virgen de la Asuncion“, in dem Jugendliche in Obhut sind, ein Feuer 41 Jugendliche das Leben gekostet. Die Jugendlichen hatten das Feuer selbst gelegt. Sie hatten aus Protest gegen die miserablen Zustände (Hygiene, Überbelegung, sexuelle Übergriffe durch „Betreuer“) Matratzen angezündet. Es gab keine Fluchtmöglichkeit, weil Türen versperrt waren. Das Heim hat eine Kapazität für 400 Jugendliche, aber mehr als 800 waren dort untergebracht. Die Probleme der Jugendlichen sind sehr unterschiedlich: manche nehmen Drogen, andere sind verlassen worden, es gibt Opfer von Missbrauch und Menschenhandel, wieder andere sind Waisen oder Kinder, deren Eltern im Gefängnis sind, viele sind selbst kriminell gefährdet. Es gibt Jugendliche mit körperlichen und psychischen Behinderungen. Darüber hinaus gibt es ausländische Migranten.
Aber es gibt keinen Plan oder therapeutische Strukturen, diese Jugendlichen angemessen zu behandeln.
Nach der Tragödie wurde das Heim geschlossen. Unser „Refugio de la Ninez“ nahmen 41 Jugendliche auf, einige mit schweren Verbrennungen, die eine Spezialbehandlung erforderlich machten. Alle befanden sich in emotionalem Ausnahmezustand und benötigten psychologische Notfallbetreuung. Sie brauchten Nahrung und Kleidung, Unterbringung und medizinische Behandlung. Die Mehrzahl litt unter der Krätze.
Dringend nötig war die Suche nach Spendern, die die zusätzlichen Kosten für die nötigen Behandlungen übernehmen konnten.
Die „aktion weltkinderhilfe“, die Casa Alianza seit Jahren massiv unterstützt, hat von sich aus die für 2017 vorgesehene Unterstützung in Höhe von 15.000,- € um 30.000,- € erhöht!
Schon am 20. März hatte die Stiftung die Summe überwiesen. Drei Tage später flossen die Mittel nach Guatemala ab, so dass das Notprogramm startete. Casa Alianza ist für die kontinuierliche und massive Unterstützung durch die „aktion weltkinderhilfe“ überaus dankbar.
Aus „General-Anzeiger“, Bonn, vom 7.Januar 2017
Für Isabels „Gracias“ hat es sich schon gelohnt
Franz Hucklenbruch, Mitgründer von Casa Alianza vor 25 Jahren, über Hilfsbereitschaft und die Not in Guatemala
Er ist der „Mister Guatemala“. Vor 25 Jahren gründete Franz Hucklenbruch die Casa Alianza Kinderhilfe Guatemala. Zur ersten Jahresversammlung im Ratssaal kamen mehr als 70 Menschen aus ganz Deutschland nach Bad Honnef. Mit dem früheren Studienrat, der von Anfang an Vorsitzender des Vereins war, mittlerweile in einem gleichberechtigten Führungsteam, sprach Roswitha Oschmann zum Jubiläum.
Wann werden Sie die Geburtstagstorte anschneiden?
Franz Hucklenbruch: Gar nicht. Wenn unser Verein überflüssig wäre, dann hätten wir einen Grund zum Feiern. Aber der Bedarf an Hilfe und finanziellen Mitteln ist bis heute riesig – und größer geworden.
Das ist frustrierend?
Hucklenbruch: Es gelingt im kleinen Maßstab, die Welt zu verbessern. Es funktioniert, einen kleinen Schirm aufzuspannen; der reicht nicht für alle, aber deshalb werden wir ihn nicht zuklappen.
Wie sieht die Hilfe aus?
Hucklenbruch: Unsere gemeinnützige Kinderhilfsorganisation engagiert sich für den Schutz und die Wiedereingliederung der Straßenkinder in Guatemala. Wir tragen die Lebenshaltungs- und Betreuungskosten ehemaliger Straßenkinder und arbeiten mit Refugio de la Ninez und La Alianza zusammen; diese beiden Organisationen bieten missbrauchten Jugendlichen praktischen Schutz vor weiterer sexueller Gewalt und organisiertem Menschenhandel. Beide stellen Wohnraum zur Verfügung, der eine sichere Zuflucht darstellt, sie arbeiten aber auch an der Verbesserung der Gesetzeslage.
Was hat den Stein vor 25 Jahren ins Rollen gebracht?
Hucklenbruch: Die Idee war: Lehrer verdienen gut und könnten einige Tausend Mark zusammenbringen, um ein Projekt zu finanzieren. Es war von einem kleinen Betrag die Rede. Aber wir Gründer – einige Lehrer von Unesco-Schulen, Mitglieder von Amnesty International – wurden von einer Art Lawine erwischt. Das Spendenaufkommen wuchs rasant an, die Medien stiegen ein. Straßenkinder waren zu der Zeit noch kein Thema. Bruce Harris, der Lateinamerikadirektor der Kinderhilfsorganisation Casa Alianza, kam 1991 nach Deutschland, wir wurden von der damaligen Bundesjugendministerin Angela Merkel empfangen, die die Schirmherrschaft übernahm, die bis heute von den jeweiligen Amtsnachfolgerinnen getragen wird. Das Projekt wurde zum Selbstläufer. Wer auf dem Tiger reitet, kann nicht herunter. Die Resonanz war riesig.
Auch in Bad Honnef war sie groß …
Hucklenbruch: Die ganze Stadt war mobilisiert. Das Sibi hat einen Spendenlauf gemacht. Sabrina Stang war damals Schülerin und organisierte das. Die Pfarrer Franz Lurz und Uwe Löttgen-Tangermann liefen nebeneinander mit. Fast alle Honnefer Geschäftsleute waren Sponsoren.
Gibt es die Euphorie noch?
Hucklenbruch: Die Aktivitäten wie in den 90er Jahren machen wir nicht mehr, als wir meinten, die Milchstraße muss zu Butter gequirlt werden. Aber es ist noch immer toll, wie sich junge Leute einsetzen. Ich treffe sie in Hamburg, Trier, Weimar, Bonn, gerade erst in Herrenberg. Wir haben 350 Mitglieder. Die Adressenliste ist kürzer geworden. Das Spendenaufkommen ist gesunken, aber immer noch hinreichend, um unsere Programmzusagen erfüllen zu können. Nicht zu vergessen ist die Unterstützung durch die Aktion Weltkinderhilfe Bad Honnef, die uns pro Jahr mit 15 000 bis 25 000 Euro unterstützt. Das macht stabil.
Können Sie eine Bilanz in Zahlen ziehen?
Hucklenbruch: Wir haben in den 25 Jahren insgesamt 3,4 Millionen Euro nach Guatemala überwiesen.
Mit der Banken- und Finanzkrise in den USA geriet auch die Mutterorganisation von Casa Alianza, Covenant House in New York, in Schieflage und beendete ihre Arbeit 2009. Damals sprachen Sie von einem schwarzen Tag für Casa Alianza ...
Hucklenbruch: Ja, aber wir bekamen Solidaritätsbekundungen ohne Ende. Da rief zum Beispiel eine alte Dame aus der Eifel an und verdoppelte ihre Spende von 35 Euro auf 70. Da meldete sich ein anderer und fragte, ob uns mit 10 000 Euro erst einmal geholfen wäre. Ich bin bis heute verblüfft darüber. Mit Refugio de la Ninez, das nach dem Finanzcrash von einem ehemaligen Casa-Alianza-Mitarbeiter gegründet wurde, und mit La Alianza – unter diesem Begriff ist Covenant House in Guatemala zurück – haben wir zwei gute Organisationen an unserer Seite.
Die eine Menge zu tun haben?
Hucklenbruch: Guatemala ist kein Rechtsstaat. Opfer sind schutzlos, die Mordrate ist höher als in Bagdad, die juristische Aufarbeitung tendiert gegen Null. Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung sind an der Tagesordnung. In unseren Einrichtungen bekommen Minderjährige eine Lebensperspektive, medizinische und psychologische Betreuung, es erfolgt eine juristische Aufarbeitung. Was sich positiv verändert hat: die Zusammenarbeit mit den Behörden. Früher waren Kinderhilfsorganisationen Feindbilder. Jetzt schicken Behörden Kinder zu den Organisationen, die auch über 1000 Polizisten schulten.
Also doch ein Lichtblick und nicht nur der Tropfen auf den heißen Stein?
Hucklenbruch: 3,4 Millionen in 25 Jahren – das macht Ronaldo in drei Monaten. Das ist Perversion, die Verteilung der Güter dieser Erde ist einfach nur verwerflich. Als ich zum ersten Mal nach Guatemala kam, glaubte ich, in ein Land zu reisen, in dem nichts wächst. Das Gegenteil ist der Fall. Wo kommt die Armut her? Wirtschaftsunternehmen saugen das Land aus. Wir laborieren an Schäden herum, die andere angerichtet haben.
Verzweifeln Sie an der Welt?
Hucklenbruch: Mich wundert es, dass ich fröhlich sein kann. Ich war früher Optimist und sehe die Welt mittlerweile negativ. Die Casa Alianza hat meinen Blick geschärft. Es waren sehr ereignisreiche Jahre. Aber ich denke an die elfjährige Isabel, die mich bei meinem Besuch in Guatemala umarmte und „Gracias“ sagte. Dafür hat es sich gelohnt.
Grußwort der Bundesministerin Frau Schwesig zum 25-jährigen Bestehen von Casa Alianza
Casa Alianza Kinderhilfe Guatemala e.V. ist 25 Jahre alt!
Am 17.10.1991 wurde Casa Alianza Kinderhilfe Guatemala e.V. in Bad Honnef gegründet und trägt seitdem die Kosten für die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen in Guatemala. Casa Alianza - das sind Sie, das seid ihr, weil mit den Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Stiftungsausschüttungen diese Arbeit möglich wird.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei unseren Spendern und Mitgliedern!
Rita Kortmann, Sabrina Stang, Britt-Mari Walkembach, Wolfgang Claus, Franz Hucklenbruch
Honduras und Guatemala im Würgegriff der Gewalt
Gewalt, Terror und Bandenkriminalität bestimmen den Alltag in Zentralamerika. Fotograf Javier Arcenillas hält fest, was jeden Tag auf der Straße passiert - es sind zutiefst verstörende Bilder.
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La Alianza betreut derzeit 30 Mädchen, mehrere davon mit Babys. Im Refugio de la Ninez halten sich augenblicklich 45 betreute Jugendliche auf.
Eigentlich wäre es die Aufgabe des Staates Guatemala, der Fürsorgepflicht gegenüber Kindern und Jugendlichen nachzukommen. Das ist aber nicht der Fall. Die Interessen der Regierung sind anders orientiert. Dass Hilfsorganisationen wie La Alianza und Refugio de la Ninez in die Bresche springen und die Lage von Kindern und Jugendlichen zu bessern suchen, ist notwendig. Gleichwohl gibt es, gerade auch in Deutschland, kritische Stimmen: damit werde der Staat aus seiner Fürsorgepflicht und Verantwortung entlassen und erhalte dafür auch noch ein Alibi, weil jungen Menschen ja geholfen werde.
Es ist sicher wichtig, die staatlichen Institutionen in die Pflicht zu nehmen. Allerdings kann man Kinder und Jugendliche, die in Not sind, nicht so lange warten lassen, bis der Staat – vielleicht – einmal seiner Verantwortung nachkommt. Nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte wäre dies eher unwahrscheinlich.
Man kann und muss diesen Missstand beklagen und anprangern – und gleichzeitig dafür sorgen, dass Kinder und Jugendliche einen Schutzraum haben, um der Ausbeutung durch skrupellose Organisierte Kriminalität zu entkommen.
Diesen Schutzraum stellen Refugio de la Ninez und La Alianza her. Qualifizierte Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Probleme junger Menschen medizinisch, psychologisch und juristisch behandelt werden. Lehrer unterrichten sie in handwerklichen Berufen und in politischer Bildung (Aufklärung über Menschenrechte, die Lage der Indigena, Ursachen der Armut und der Gewalt, insbesondere gegen Frauen). Sozialarbeiter helfen bei der Re-Integration in die Familien, wo dies möglich ist.
All das kostet. Casa Alianza Kinderhilfe Guatemala e.V. hilft seit nunmehr fast 25 Jahren, dass die Mittel für die Projektarbeit zusammenkommen. Casa Alianza – das sind Sie, das seid Ihr, weil mit den Spenden, Mitgliedsbeiträgen und Stiftungsausschüttungen die Lebenshaltungskosten junger Menschen und die Gehälter für Anwälte, Ärzte, Köche, Erzieher, Psychologen und Sozialarbeiter finanziert werden können.
Wir sind froh, dass das geht. Vielen Dank !
Britt Mari Walkembach Sabrina Stang Rita Kortmann Wolfgang Claus Franz Hucklenbruch
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Nun endet bald das Jahr 2014, und für die Menschen in Guatemala, die wir unterstützen, bedeutet es, auf ein Jahr mit immer größer werdenden Problemen zurückzuschauen.
LA ALIANZA führt die Zahlen eines Gesundheitszentrums (Observatorio en Salud Reproductiva) an, wonach täglich 120 Mädchen zwischen 10 und 18 Jahren schwanger werden (fast 44 000 pro Jahr). 2 900 davon sind jünger als 14 Jahre. Von den 44 000 Schwangerschaften gehen rd 6 600 auf Missbrauch und Vergewaltigung zurück. Das bedeutet, dass 8 Schwangerschaften am Tag auf Verbrechen zurückzuführen sind.
Die Anzahl der Verbrechen, die nicht in einer Schwangerschaft oder mit einer Anzeige enden, kann man gar nicht absehen...
Die Unzahl dieser Übergriffe und Verbrechen wird begünstigt durch gesellschaftliche Gleichgültigkeit. Der Machismo in Lateinamerika ist genau so verwerflich wie traditionelle Rollenbilder wie etwa in Pakistan oder Indien.
Im Jahr 2013 hat es 570 Fälle von Menschenhandel gegeben, allerdings wurden nur 49 Fälle vor Gericht verhandelt. Die Justiz ist korrupt, wer Geld hat, geht straffrei aus.
Jugendliche, die zu LA ALIANZA kommen, leben oft auf der Straße und stammen meist aus armen oder extrem armen Schichten. Sie sind zwischen 12 und 18 Jahren alt und können meist weder lesen noch schreiben. Die Probleme sind vielfältig : erzwungene Schwangerschaft, Geschlechtskrankheiten, Stigmatisierung, Autoaggression, posttraumatische Belastungsstörung, Schuldgefühle, zurückgebliebene Entwicklung, Depression –
Diese Stichworte kennzeichnen die Zerstörung junger Menschen, während die Täter in Freiheit sind.
LA ALIANZA arbeitet gegen diese Zerstörung auf mehreren Gebieten. So wurden zB 1900 Polizisten geschult und für das Problem Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung sensibilisiert.
168 Mädchen wurden komplett betreut (juristisch, medizinisch, psychologisch, psychiatrisch) und erzieherisch aufgefangen. Es gab Kunstprojekte sowie spirituelle Angebote.
LA ALIANZA nennt vier Kategorien der Arbeit :
Proteccion (Schutz und Unterbringung)
Reintegracion (Betreute Wiedereingliederung in die Familie, wo möglich)
Prevencion (Vorbeugung durch Aufklärung in Dörfern)
Justificacion (strafrechtliche Aufarbeitung der Verbrechen)
In gleicher Weise arbeitet das REFUGIO DE LA NINEZ. Dort wurden im vergangenen Jahr 147 Mädchen betreut. 211 Prozesse wurden vor Gericht geführt. Es gab 39 Verurteilungen und 2 Freisprüche. Prozesse gegen Täter dauern meist drei Jahre. Neben der medizinischen, psychologischen und juristischen Betreuung gibt es viele Aktivitäten, die der Stabilisierung und Erholung der Jugendlichen dienen. Singen, Tanzen, Malen und Theater sowie Kinobesuche sollen ihnen helfen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Daher wird kein Geburtstag, kein Feiertag, kein Gedenktag ausgelassen, der als Anlass für ein Fest dienen könnte.
In 2013 wurden 70 Mädchen in der Bäckerei ausgebildet, 30 in der Nähstube. Alle lernen, einen Computer zu bedienen. Damit sollen ihnen Chancen eröffnet werden, einen Job zu finden.
290 Hausbesuche haben stattgefunden, um eine Wiedereingliederung in die Familie zu ermöglichen. Für Eltern gibt es eine Elternschule für Erziehungsberatung. Es gab 18 Veranstaltungen mit jeweils ca 60 Teilnehmern.
Das Refugio wird projektartig auch von UNICEF und Plan International unterstützt. Casa Alianza Kinderhilfe Guatemala e.V nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein, weil wir für Kontinuität sorgen.
Die Hilfe aus Deutschland ist also sehr wichtig, und wir freuen uns über einen sehr treuen Spenderkreis, der diese Hilfe leistet. Seit langem sind es bundesweit Schulen, Kirchengemeinden und Weltläden. Und es gibt viele gr0ßzügige Privatpersonen, die teils erhebliche Mittel bereitstellen. Auch verzichten viele auf Geburtstags- oder Hochzeitsgeschenke und bitten stattdessen um eine Spende für Casa Alianza.
Nicht zu vergessen die jährliche Scheckübergabe der Stiftung aktion-weltkinderhilfe : Dieses Jahr wurde bei eines Benefiz-Aktion ein Scheck über 15. 000,- Euro übergeben.
Allen Spendern gilt unser Dank !
Um Porto- und Verwaltungskosten zu reduzieren, haben wir dieses Jahr das Verschicken unseres Rundbriefs als Infopost eingestellt und informieren jetzt über unsere homepage (casa-kinderhilfe.de). Wenn es gewünscht wird, senden wir natürlich den Rundbrief auf dem Postweg. Wir denken, dies ist im Sinne von allen.
Wir vom Vorstand wünschen allen schöne Festtage und ein gutes Jahr 2015 !
Sabrina Stang Rita Kortmann Britt-Mari Walkembach Wolfgang Claus Franz Hucklenbruch
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Nachrichten aus Guatemala haben es so an sich, dass sie in der Regel von üblen Ereignissen handeln. Oft sind es alarmierende Meldungen über Menschenrechtsverletzungen und Straffreiheit, oder die wachsende Not der Bevölkerung, oder ein Erdbeben.
Diesmal gibt es eine gute Nachricht : Der ehemalige Diktator General Efrain Rios Montt wurde kürzlich zu 80 Jahren Haft verurteilt. Er hatte im Bürgerkrieg gegen die Maya Hunderte Dörfer ausradieren und die Bevölkerung töten lassen. In der blutigen Geschichte des Landes war seine Diktatur besonders blutig. Wenn er seine Haftstrafe auch nicht voll verbüßen kann – er ist inzwischen 86 Jahre alt – so sehen Menschenrechtler in Guatemala den Richterspruch als bahnbrechendes Zeichen.
Auch die übelste Diktatur kommt nicht davon.
Es gibt noch eine erfreuliche Mitteilung : Am 11. Juni (19:30) wird Andreas Boueke im Rathausfoyer in Bad Honnef sein neuestes Buch vorstellen. Der Journalist arbeitet und lebt seit über 20 Jahren in Guatemala und berichtet immer wieder über die Lage im Land. Oft hat er in Rundfunksendungen und überregionalen Zeitungen auch die Arbeit von Casa Alianza beleuchtet. Sein neues Buch heißt „Recherchen auf heißem Pflaster“ und schildert Machenschaften von skrupellosen Ölfirmen und korrupten Politikern. Die Autorenlesung wird einen Blick auf Mittelamerika ermöglichen, der gleichzeitig durch eine Ausstellungseröffnung des Bonner Künstlers Wolfgang Hunecke geschärft wird. Es werden neben eigenen Werken auch Grafiken junger Künstler aus Mittelamerika gezeigt. Besonders eindrucksvoll sind die Arbeiten Huneckes zu indianischen Felsritzungen, die vor Kolumbus entstanden sind. Hunecke hatte die Felsritzungen in Nicaragua entdeckt und Prägestrukturen („Petroglyphenfrottage“) davon angefertigt.
Zur Autorenlesung und der Vernissage wird es eine Scheckübergabe durch die „aktion weltkinderhilfe“ geben. Die in Bad Honnef ansässige Stiftung hat in den letzten Jahren beträchtliche Mittel für die Arbeit von Casa Alianza bereit gestellt. Auch Andreas Boueke wird wieder einen Scheck in Empfang nehmen können : Er hat zahlreiche Hütten im Hochland Guatemalas mit Kochöfen ausgestattet und damit für bessere Luft gesorgt. Traditionell brennt in diesen Hütten Tag und Nacht ein Feuer – ohne Rauchabzug. Entsprechend schwerwiegend sind die Atemwegserkrankungen, besonders bei Kindern.
Jetzt zieht der Rauch nach draußen ab, und es wird nur noch ein Drittel der sonst erforderlichen Holzmenge gebraucht. So einfach kann es gehen!
Wir möchten Sie herzlich zu dieser Vernissage/Autorenlesung einladen.
Was es sonst zu berichten gibt, finden Sie im Rundbrief. Die Arbeit im „Refugio de la Ninez“ und in „La Alianza“ gehört zu den übelsten Themen unserer Welt. Es ist gut, dass sie gemacht wird, und sehr erfreulich ist die massive Unterstützung durch Sie und Euch. Auch davon berichtet der Rundbrief. Daher ein ganz herzlicher Dank !